Workshop Restorative Praktiken an Schulen – Ein Weg für entspanntere Beziehungen, einfühlsamen Perspektivwechsel und mehr emotionale Sicherheit im Schulalltag

Plakat der 8. Stuttgarter GFK-Tage

Dies war unser Workshop-Titel, der ca. 20 Menschen bei den 8. Stuttgarter Tagen für Gewaltfreie Kommunikation  am 01.02.2020 angelockt hat. Innerhalb von zwei 1,5 Stunden Blöcken näherten wir uns dem Thema „Restorative Praktiken an Schulen“ – Ein Rückblick von Judith Kohler.

Schule macht einen Unterschied: Die einen haben dort eine Stärkung durch Lehrer*innen oder Mitschüler*innen erlebt, von der sie noch heute profitieren, für die anderen geht sie mit traumatischen Erinnerungen einher.

Dies zeigte sich in Form von persönlichen Geschichten, die die Teilnehmer*innen des Workshops Restorative Praktiken an Schulen im Rahmens eines Redekreises miteinander teilten. Kreise sind ein zentrales Element der Restorativen Praktiken und die Kraft des Kreises ist am eindrücklichsten, wenn man sie selbst erlebt. Daher starteten wir den Workshops mit der Erfahrung eines Redekreises, in dem jede*r eingeladen war reihum eine persönliche Geschichten zu Schule zu teilen. Erst mit Blick auf eine Erfahrung, die man als schwierig erlebt und dann mit Blick auf ein Ereignis im Schulkontext, das einen mit Freude erfüllt hat.

„Ich habe den Kreis als sehr berührend erlebt.“

Im Anschluss bat ich die Teilnehmer*innen zu teilen, wie sie den Kreis erlebt haben. Hier fielen Worte wie berührend, Heilung und beeindruckend. Das Zusammenkommen im Kreis ist Symbol dafür, dass wir uns von Mensch zu Mensch und nicht in unseren Rollen begegnen. Die Sitzform im Kreis spiegelt das wieder, da wir alle Gruppenmitglieder mühelos sehen können und keine Person z.B. durch das vorne Sitzen herausgehoben wird. Es spricht immer nur die Person, die den Redegegenstand in den Händen hält. Alle anderen sind eingeladen, mit ihrer ganzen Aufmerksamkeit zu zu hören und vorurteilsfrei präsent zu sein. Wenn wir merken, dass unsere Aufmerksamkeit dahin geht unseren Beitrag “vorzudenken”, lenken wir unsere Aufmerksamkeit wieder auf die Person, die spricht. Und insgesamt sind wir eingeladen, emotionaler zu sprechen, als wir das normalerweise gewohnt sind. Mit all der Lebendigkeit, mit der wir uns z.B. ums Lagerfeuer sitzend Geschichten aus unserem Leben erzählen. Denn es sind die Emotionen und die Lebendigkeit, mit denen wir uns gegenseitig berühren.

Restorative Praktiken sind keine Methode. Sie sind ein Prozess.

Der zweite Teil des Workshops diente dazu, dem zuvor erlebten einen “theoretischen” Rahmen zu geben. Restorative Praktiken sind ein Ansatz, der beziehungs- und gemeinschaftsorientiert ist und einen Fokus auf individuelle Verantwortungsübernahme legt. Sie sind also keine Methode (auch keine neue Disziplinierungsmaßnahme in Schulen), sondern können als ein Prozess verstanden werden, um bewusst Beziehungen aufzubauen (z.B. durch Redekreise) und im Falle von herausforderndem Verhalten mit authentischem Dialog und damit zu reagieren, dass Dinge wieder in Ordnung gebracht werden.

Es geht darum, welche Beziehung verletzt wurde und nicht darum, welche Regel.

Mit dem Ansatz der Restorativen Praktiken verändern sich unser Fokus und unsere Fragen. Es geht nicht mehr darum – wie im herkömmlichen Schuld und Strafe Paradigma – welche Regel verletzt wurde und wer bestraft werden muss. Sondern darum, welche Beziehung verletzt wurde. Und darum den Betroffenen einen Raum zu geben, in dem sie selbst formulieren können, was es braucht, damit es wieder gut ist. 

Belinda Hopkins formuliert fünf Kerngedanken für Restorative Praktiken:

  1. Jede*r hat seine Sicht auf die Dinge; es ist wichtig, dass alle eine Möglichkeit erhalten sie auszudrücken und damit gehört zu werden.
  2. Was wir denken beeinflusst, unsere Gefühle und was wir fühlen, beeinflusst unser Handeln.
  3. Unsere Handlungen haben Auswirkungen auf unser Umfeld; es ist wichtig dies zu reflektieren.
  4. Um Entscheidungen zu treffen oder Probleme zu lösen, hilft es die Bedürfnisse aller Betroffenen herauszufinden, daran Strategien auszurichten und diese auch bei der Suche nach Lösungen zu berücksichtigen.
  5. Die Betroffenen selbst sind am besten in der Lage passende Lösungen zu entwickeln.

Entsprechend formuliert sie fünf Restorative Fragen:

  1. Was ist aus deiner Sicht passiert?
  2. Was ging dir durch den Kopf und wie hast du dich damals gefühlt? Und seitdem?
  3. Wer ist betroffen und wie?
  4. Was brauchst du, damit die Dinge in Ordnung gebracht werden können und jeder weitermachen kann?
  5. Wie könnt ihr (alle) diese verschiedenen Bedürfnisse (zusammen) angehen?

Sowohl die Kerngedanken als auch die Fragen unterstützen uns darin, unseren Fokus weg von Schuld und Strafe hin zu Beziehung, Gemeinschaft und Verantwortung zu lenken. In Schulen und an allen anderen Orten, an denen sich viele Menschen begegnen. Seien es Organisationen, Familien, Vereine oder Netzwerke.

Wenn Sie auch Interesse an einem Workshop zum Thema  Restorative Praktiken an Schulen haben, schreiben Sie uns gerne unter info@irp-berlin.de.