“Ich mag, dass wir jetzt so richtig über die Dinge und Probleme reden und nicht wie vorher nur durcheinander streiten.“ – Restorative Praktiken im Klassenrat

Die Veränderungen im Klassenrat einer Modellklasse – Ein Einblick in unsere Arbeit im Rahmen des Modellprojekts “Mit Restorativen Praktiken ein positives und sicheres Schulklima fördern“ von Maj Vethacke

Seit August 2023 besuche ich wöchentlich den Klassenrat einer 5. Klasse an unserer Modellschule. Die Klassenlehrerin, die Kinder und ich haben gemeinsam einen Ablauf, Rituale und Strukturen erarbeitet, die den Klassenrat zu einem sicheren und gemeinschaftlichen Raum machen. Es ist ein Weg weg vom Fokus auf Schuld und Bestrafung, hin zu mehr Gemeinschaftsbildung, Verständnis und Verantwortungsübernahme. Und eben auch der Idee, dass jede*r etwas Wertvolles beizutragen hat, jede Perspektive wichtig ist.

Um zu sehen, wo wir auf unserem Weg stehen, haben wir die Kinder nach ihrer Meinung gefragt. Ein Kind schreibt: “z.B. machen wir ein Check-in und das ist halt sehr cool. Und weil wir es ohne Melden machen, hat wirklich jeder mal ne Chance etwas zu sagen.” Statt mit Melden arbeiten wir mit einem Redegegenstand. Dieser wird im Kreis herumgereicht und wandert durch alle Hände. Die Person, die ihn in der Hand hält, ist eingeladen zu sprechen. Alle anderen sind eingeladen, ihr mit ihrer vollen Aufmerksamkeit zuzuhören. Vorher waren viele Kinder nicht aktiv am Klassenrat beteiligt. Jetzt kommt es selten vor, dass ein Kind in der Stunde nichts sagt.

Wir freuen uns sehr, dass die Strukturen, die wir geschaffen haben, uns allen so gut tun. Ein weiteres Kind schreibt: “Mir gefällt, dass es sich nach einer Tradition anfühlt und wir unsere Gefühle besser äußern können. Und jetzt macht der Klassenrat mehr Spaß.“

Mittlerweile ist der Klassenrat zu einer Stunde in der Woche geworden, in der Bitten gestellt werden (z.B. “Ich wünsche mir von dir, dass du mich nicht mehr als Fettsack beleidigst, weil ich mich dann echt schlecht fühle”), wir über wichtige Themen sprechen und zusammen lachen. Auch wenn natürlich nicht jede Stunde entspannt und fröhlich verläuft, bin ich mir sicher, dass wir gemeinsam viel über Gruppenprozesse, Gefühle und Kommunikation gelernt haben. In den Worten eines Kindes:

“Ich mag, dass wir jetzt so richtig über die Dinge und Probleme reden
und nicht wie vorher nur durcheinander streiten. Wir können jetzt
richtig miteinander reden.“

Neben dem Redegegenstand kommen auch oft Sanduhren im Klassenrat zum Einsatz. Beides unterstützt, dass die Perspektiven aller Raum haben können – auch in emotionalen Momenten.

Wer mehr über die Restorativen Praktiken und unsere Arbeit im Modellprojekt „Mit Restorativen Praktiken ein positives und sicheres Schulklima fördern“ erfahren möchte: